Wilhelmsburger FREITAG | Der Stream

Sozialdrama von 1964 über den Alltag eines fiktiven jungen Arbeiterehepaares in Hamburg-Wilhelmsburg. Es wird die Frage nach den Ursachen angepassten Verhaltens gestellt.

Abb.: Screenshot

WILHELMSBURGER FREITAG
Buch: Christian Geissler, Regie: Egon Monk, 90 Minuten, FSK 16
Mit Ingeborg Hartmann, Edgar Bessen, Eva-Maria Bauer, Harald Vock u.v.a.
NDR 1964, Erstsendung 19.3.1964

Der junge Arbeiter Jan Ahlers lebt mit seiner Frau Renate in einer kleinen Neubauwohnung im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Das Kinderzimmer steht bisher leer, aber das soll sich bald ändern. Monk gewährt einen Blick auf die gesellschaftliche Realität in die BRD der 60er Jahre, in denen das Versprechen vom sozialen Aufstieg oft mit der Leere eines entfremdeten Lebens bezahlt wurde.

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„Verkehrsschilder Richtung Wilhelmsburg, Kamerablicke über die Stadt, das Neubaugebiet – in den Flur der Wohnung. Jan Ahlers huscht – noch mit nacktem Oberkörper – durchs Bild, durch den Türschlitz wird die Post eingeworfen – überwiegend Werbung. Renate sammelt sie auf. Wir folgen ihr in die Küche. Ein ganz normaler Morgen.

Erzählt wird in Bildern. Nach drei Minuten fällt der erste Satz. Frühstück. Ihr ist übel. Ist sie schwanger? Was so ein Kinderwagen kostet. „Wir waren ganz schön blöd.“ Er staunt über die Menge Brot, die sie ihm einpackt – „Ich hab Hunger, und dann mag ich plötzlich nichts essen.“ Widersprüche. Glück sieht anders aus. Im Radio läuft „ihr Lied“: „Liebe mich, immer und ewiglich …“ – Damals waren sie glücklich. Heute: Geldprobleme.

Die neue Wohnung. Eine Werkswohnung. Abhängigkeit vom Chef. Ratenzahlung für die Einrichtung und das Auto. Und zum Leben? „Die haben uns ganz schön in der Mangel.“ Das schaffst du schon, muntert Renate Jan auf. „Ja, das schaffe ich schon!“, klingt er trotzig.“ (Detlef Grumbach für die Christian-Geissler-Gesellschaft e.V.) https://christian-geissler-gesellschaft.de/wilhelmsburger-freitag-1964

Egon Monk

„Nur acht Jahre, von 1960 bis 1968, leitete Egon Monk die Hauptabteilung Fernsehspiel beim NDR. Doch die Urteile über seine Arbeit sind einhellig. Unter Monks Ägide sei das Fernsehspiel zu einem künstlerischen Anliegen des Bildschirmmediums geworden, hieß es 2007 im Nachruf auf Egon Monk in der „Welt“.“ (NDR)

„Meine Art von Vergnügen richtet sich auf das Sehen, Betrachten, Beobachten, den Versuch zu analysieren, was in der Gesellschaft vor sich geht“, antwortete Monk auf die Frage nach dem zeitkritischen, engagierten Fernsehspiel, und fuhr fort: Der ursprüngliche Gedanke unseres Programms ist, dass wir mehr interessiert sind an dem, was in der Gesellschaft vor sich geht, als an dem, was im sogenannten Privatleben vor sich geht.“ (Egon Monk, Interview 1963)

Dabei geht es vor allem darum, Realität zu zeigen – nicht, sie vorschnell zu interpretieren. Gern nimmt eine „beobachtende Kamera“ den Zuschauer mit, fordert ihn auf, den Alltag zu betrachten. „Eine Kamera begleitet zwei Menschen“, schrieb „Momos“ alias Walter Jens in seiner Besprechung des Fernsehspiels „Wilhelmsburger Freitag“ in der ZEIT. „Mann und Frau sind schweigsame Leute, ein Schlager weckt Erinnerungen. Gefühle werden nicht gezeigt“, konstatierte der Kritiker Jens.


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