Das ursprüngliche Harburger Schloss im Modell Foto: Archäologisches Museum Hamburg und Stadtmuseum Harburg
In der Mitte der Schlossinsel befindet sich – eingebettet in einen öffentlichen Park – das im 19. Jahrhundert zum Wohngebäude degenerierte Restgebäude Harburger Schloss. Hier soll im historischen Keller eine Außenstelle des Stadtmuseums Harburg entstehen. Damit würde das quasi „tote“ Helms-Museum ( Harburger Stadtgeschichte ) zumindest zu einem kleinen Teil wieder lebendig.
Innerhalb des regional abgefeierten Projektes der Neuerschließung der “SCHLOSSinsel” spielte das Schloss selbst bislang keine, seiner historischen Bedeutung entsprechende, Rolle. Das soll sich jetzt ändern.
Im Frühjahr 2017 begannen die Archäologen mit Grabungen, um Relikte der vermutlich 1000 Jahre alten Horeburg zu entdecken, der Keimzelle Harburgs. So wurden einige Stellen des 120 Quadratmeter großen Kellerbodens aufgegraben, um nach Spuren der Harburger Stadtgeschichte zu suchen.
Einen Gewölberaum, der auf das Jahr 1440 datiert wird und damit als ältester erhaltener Raum Hamburgs gilt, wollen die Archäologen in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen.
Abschließend sollte in den historischen Räumlichkeiten ab Herbst 2017 die Geschichte Harburgs bis zur Industrialisierung präsentiert werden, was bislang leider nicht realisiert wurde. Drei Räume mit insgesamt 120 Quadratmetern Fläche stehen im Keller zur Verfügung, darunter das o.g. letzte noch vorhandene gotische Gewölbe in Hamburg.
Stadthistorische Keimzelle: Harburger Schloss um 1850 Foto: Archäologisches Museum Hamburg und Stadtmuseum Harburg
In den 1970iger Jahren erfolgte der Abriss des Renaissanceflügels, gegen die heftigen Proteste der Harburger Bevölkerung.
Die Baugeschichte des Harburger Schlosses
Das als „Harburger Schloss“ bekannte Gebäude, das Mietshaus Bauhofstraße 8, lässt auf den ersten Blick weder auf eine Burg noch auf eine ehemals herrschaftliche Schlossanlage schließen. Dabei ist das auf der Schlossinsel im Harburger Binnenhafen gelegene Haus in seinem Kern das älteste bauliche Zeugnis des heutigen Hamburger Stadtteils Hamburg-Harburg.
Es ist der letzte, selbst mehrfach stark veränderte Flügel der ehemaligen Schlossanlage, die im Laufe ihrer Geschichte mehrfach zerstört und wieder auf- bzw. umgebaut wurde.
Bevor die nach dem Zweiten Weltkrieg noch vorhandenen Gebäude des Schlosses zu reinen Wohnzwecken genutzt wurden, hatte hier eine Werft ihren Sitz.
Am Beispiel dieses fast vergessenen Baukomplexes wird die wechselvolle Geschichte der Entwicklung des südlichen Teils von Hamburg deutlich. Der Bogen spannt sich vom hohen Mittelalter bis in unsere Tage. Fürsten und Patrizier, Harburger Herzöge, Hannoversche Verwaltungsbeamte, Französische Besatzer, die Preussische Regierung, und Hamburger Politiker haben diesen Ort in Kriegs- und Friedenszeiten geformt – und zuletzt wenig übrig gelassen.
„Der Bereich umfasst mit der Schlossinsel den Gründungsort, die im Sumpf angelegte Horeburg, in deren Schatten sich die historische Siedlung Harburg entwickeln konnte. Diese in gut zwei Jahrhunderten entstandene Siedlung selbst – zunächst eine kleine Straßensiedlung, aus der die städtische Siedlung Harburg entwickelte – liegt entweder außerhalb des Gebietes (Harburger Schlossstrasse, Karnapp und die südlich anschließenden Straßen) oder wurde durch den Ausbau der Burg zur Zitadelle im 17. Jahrhundert vollständig eliminiert. Dagegen finden sich in dem Gebiet aufgehoben die historisch wertvolle Relikte der Burg und ihres Ausbaus zunächst zum Schloss, sodann zur Zitadelle; vor allem ist das Gelände jedoch geprägt von der Installation eines Dockhafens in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts sowie seine Weiterentwicklung bis 1893 im Zuge der Industrialisierung zum Industriehafen.
Das Gebiet der ehemaligen Schlossinsel und späteren Zitadelle, heute begrenzt durch den Harburger Binnenhafen bzw. Teil des Hafens, sowie der Straßenzug Harburger Schlossstraße und Schlossmühlendamm bildeten den Kern der vorindustriellen Stadt Harburg. Trotz der starken Überformung im 19. Jahrhundert sind Strukturen der Zitadelle noch heute erkennbar, so zeichnet sich im Bereich der Östlichen Binnengraft und dem charakteristischen Übergang in den Verkehrshafen, dem nördlich anschließenden, geknickten Uferabschnitt von Bauhofstr. 8 und 10 und dem gleichfalls geknickten Uferabschnitt von Bauhofstr. 9 am Harburger Werfthafen der Umriss der ab 1642 mit fünf Bastionen ausgebauten Festung ab. Die Baulichkeiten der Schloss- und Festungsanlage existieren heute allerdings nur in Resten. Lediglich in den Fundamenten und Außenmauern des Gebäudes Bauhofstr. 82 sind bauliche Reste der ehemaligen Burg erhalten3. Die übrigen Gebäude der Anlage gingen durch einen Brand während der französischen Besetzung Anfang des 19. Jahrhunderts bzw. 1972 durch Abriss verloren.
Das erhaltene Gebäude Bauhofstr. 8 wurde im Jahre 1417 erstmalig als „Steinwerk“ erwähnt; nach zahlreichen Umbauten und Nutzungsänderungen erhielt es am Ende des 19. Jahrhunderts seine heutiges Erscheinungsbild durch den Werftbesitzer Holtz4, der das Bauwerk zum Arbeiterwohnhaus umbauen ließ. Die wechselvolle Biographie verleiht dem Gebäude seine historische Aussagekraft. Seine zentrale Lage auf der Schlossinsel, seine nach wie vor mächtige, im gewerblichen Umfeld jedoch völlig unpassende Kubatur in Kombination mit der Architektursprache eines städtischen Mietshauses der Jahrhundertwende wirken auf Anhieb ungewöhnlich und lassen die historischen Brüche erahnen, die das Gebiet prägen. Dieser Befund wird ergänzt durch die zahlreichen unter dem Putz erkennbaren „Störungen“ des Mauerwerks. Das Gebäude dokumentiert einen Jahrhunderte langen baulichen wie gesellschaftlichen Veränderungsprozess, in dem sich letztlich die Geschichte der Stadt Harburg widerspiegelt.
Die übrigen Flächen der ehemaligen Zitadelle wurden im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenfalls mehr und mehr von gewerblichen Nutzungen eingenommen. Auf dem nördlichen Abschnitt der ehemaligen Zitadelle ließ sich Ölindustrie nieder. Neben den wenig aussagekräftigen Hallen auf dem betreffenden Grundstück (Bauhofstr. 10) besetzt die ehemalige Nordbastion ein Silobau ( der mittlerweile abgerissene Hansen-Silo / wiederaufgebaut als Wohngebäude mit ähnlicher architektonischer Strahlkraft ), der aufgrund seiner Höhe und seiner charakteristischen Kubatur als Merkzeichen und hafentypisches historisches Bauwerk große städtebauliche und historische Bedeutung hat(te).“
[ Aus dem Gutachten: Bebauungsplan Harburg 67 Schutzwürdige Ensemble und geschützte Kulturdenkmäler von Dr. Rüttgerodt-Riechmann, 20.5.2005 ]
„Der Grundriss der Insel verrät bereits, dass es sich hierbei um eine ehemalige Festungsanlage handelt. Schon im 12. Jahrhundert wurde die „Horeburg“ erstmals urkundlich erwähnt. Um 1527 ließ Otto I. von Harburg das dreiflügelige Schloss errichten.
Der Ausbau der Insel zur fünfzackigen Bastion erfolgte im 17. Jahrhundert. Etwa zwei Jahrhunderte später verlor die Anlage ihre militärische Funktion und ab 1889 lagerten sich an den Inselkanten erste Hafennutzungen an. In den Folgejahren intensivierte sich die Werftnutzung des Geländes und die ehemaligen Schlossbauten wurden zu Wohngebäuden umgebaut.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg gab man den Werftbetrieb auf und das Areal stand vollständig der Wohn- und Industrienutzung zur Verfügung.!“
[ Behörde für Umwelt und Energie, Hamburg ]
Festung Harburg 1654 | Kupferstich aus Merians / Bunos berühmter Topographie von 1654.
"Prospect der Statt undt Vestung Harburg". Um das Schloss ist eine Festungsanlage nach niederländischem Muster entstanden.
Foto: Archäologisches Museum Hamburg und Stadtmuseum Harburg
In diesem Zusammenhang sei auch auf die folgende interessante Abhandlung hingewiesen:
700 Jahre Harburg
Ein Stadtschicksal zwischen 1288 und 1938
Dr. Klaus Richter | Harburger Kreiskalender, 1989
Dr. Klaus Richter wurde 1942 in Sao Paulo, Brasilien, geboren. Er promovierte 1971 mit einer Arbeit zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Hamburgs um 1300. Seit 1973 am Staatsarchiv Hamburg tätig, ist er als Abteilungsleiter zuständig unter anderem für Schriftgut des Harburger Raumes.
“In Hinblick auf die unruhigen Zeiten in der Endphase des dreißigjährigen Krieges sowie die Tatsache, dass Schweden im benachbarten Bremen-Verden und Dänemark in Holstein militärisch präsent waren, ließen die Celler Herzöge zwischen 1644 und 1660 um das alte Schloss eine moderne Festung nach niederländischem Muster errichten. Dem Festungsbau fiel ab 1650 das gesamte Nordende der Altstadt zum Opfer. Die Marienkirche mit Pastorenhäusern und Schule musste ebenso abgebrochen werden wie das gegenüberliegende Kaufhaus mit Kran und Waage. Der Kirchengemeinde wurde von der Regierung das Gelände des ehemaligen herzoglichen Lustgartens als Ersatz zur Verfügung gestellt (heutige Dreifaltigkeitskirche und Umgebung). Für den Wiederaufbau des Kaufhauses bestimmte die Regierung das Gelände der ehemaligen herzoglichen Ziegelei (heutige Buxtehuderstraße / Blohmstraße).”
“Damit hatte sich Harburgs wirtschaftliches und kulturelles Zentrum nach Süden hin verlagert”
[ ein Vorgang, der sich bis zum heutigen Tage noch mehrmals wiederholen sollte: Phoenix-Center / Sammlung Falckenberg in den Phoenix-Hallen ]
“In Verbindung mit der Festung schwebte der Celler, bzw. später kurhannoverschen Regierung vor, aus Harburg einen konkurrenzfähigen Hafen- und Handelsplatz zu machen. 1662, 1680, 1709 und 1717 wurden Pläne zur Erweiterung Harburgs durch neue, primär ansiedlungswilligen Kaufleuten vorbehaltene Stadtteile verfasst, 1721 zum Bau eines Hafens im Westen der Festung.
Alle Versuche der Regierung, Handel und Gewerbe Harburgs planmäßig zu fördern und dazu neue Stadtteile „auf der grünen Wiese” zu schaffen, scheiterten jedoch an der übermächtigen Konkurrenz Hamburgs und auch Altonas, ferner an dem ständigen Kompetenzengerangel zwischen Amt und Harburger Magistrat. Im Übrigen war die Haltung des Magistrats allen neuen Plänen gegenüber mehr als zugeknöpft und engstirnig.“
Harburger Schlossinsel / Gebrüder-Cohen-Park
[ Behörde für Umwelt und Energie, Hamburg | Artikel lesen ]
Dort, wo sich einst das Harburger Schloss befand, sind 185 neue Wohnungen sowie eine großzügige Parkanlage für die gesamte Bevölkerung entstanden.
In Anlehnung an die ehemalige Zitadelle, wurde die Grünfläche als sternförmige Anlage mit vier Parkarmen gestaltet, von denen drei direkten Wasserzugang besitzen. Im Zentrum befindet sich in erhöhter Lage der noch erhaltene Westflügel des Schlosses, der so in den Mittelpunkt des Parks gerückt wird.