Kunststätte Johann und Jutta BOSSARD

Johann Bossard lehnte die Weimarer Republik ab, weshalb er sein Anwesen ab 1921 zu einem Gesamtkunstwerk ausbaute, das er als Keimzelle der Gegenkultur verstand. 2012 ausgezeichnet mit dem Europa-Nostra-Preis der Europäischen Union für das Kulturerbe. Aktuell als deutschnationaler Künstler kontrovers diskutiert.

Johann Michael Bossard und Jutta Bossard Foto Kunststaette Bossard Fotoarchiv - Kunststätte Johann und Jutta BOSSARD
Johann Michael Bossard und seine Frau Jutta Bossard-Krull | Foto: Presse Kunststätte Bossard, CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

Auf einem ca. 3 ha großen Heidegrundstück, mitten im Wald gelegen, haben Johann Michael Bossard und seine Frau Jutta Bossard-Krull ein Gesamtkunstwerk verwirklicht. Eine Stätte, an der die verschiedenen Künste Architektur, Bildhauerei, Malerei, Kunstgewerbe und Gartenkunst zu einer Einheit verschmelzen. 2012 ausgezeichnet mit dem Europa-Nostra-Preis der Europäischen Union für das Kulturerbe.


Der Kunsttempel der Kunststätte Bossard zählt neben dem Hamburger Chilehaus zu den wichtigsten Bauten des Norddeutschen Backsteinexpressionismus und fällt durch eine außergewöhnliche Fassadengestaltung und eine umfassende künstlerische Innenausstattung auf.


VERANSTALTUNGEN | Kunststätte Johann und Jutta BOSSARD

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TIPPS:

  • 16.2. Kuratorenvortrag »Von kosmisch bis weltlich: Typische Motive von Johann Michael Bossard«,18 Uhr, 10 €
    Mit Blick auf Bossards Zeitkontext und seiner in den aktuellen Forschungen thematisierten Weltanschauung stellt Kunsthistorikerin Svenja Weikinnis ausgewählte Werke der Sonderausstellung intensiver vor.
  • 20.4. Vortrag »Johann Bossard, Künstler und Lehrer der Hamburger Kunstgewerbeschule, als Wegbereiter expressionistischer
    Keramik«, 18 Uhr, 10 €
    Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Rüdiger Joppien beleuchtet das keramische Schaffen Bossards im Kontext der Hamburger Keramikszene der 1920er-Jahre.
  • 24.6. Zum Tag der Architektur »Bossard am Abend«, 18–21.30 Uhr, 8 €, Führungen kostenfrei
  • 2.7. Museumsfest der Kunststätte Bossard und des Freundeskreises, 11–18 Uhr, 8 €
  • 8./9. 7. Freilichttheater mit der Deutschen Schauspiel-Vereinigung von 1913 e. V., »Die Troerinnen (des Euripides)«,
    18.30 Uhr, 20 €
    Die Bühnenfassung von Jean-Paul Sartre als Open-Air-Theater in der Anlage der Kunststätte Bossard. Sartres Bearbeitung verschärft über Euripides hinaus die Kriegsanklage. Unter dem Eindruck des Algerienkrieges geschrieben, zeigen die Troerinnen Parallelen zwischen der alten Kolonialmacht Athen und dem modernen Europa, zwischen der Zerstörung Trojas und der Vernichtung der Menschheit.
  • 19./20. 8. Freilichttheater mit der Deutschen Schauspiel-Vereinigung von 1913 e. V., »Die Troerinnen (des Euripides)«, 18.30 Uhr, 20 €
  • 27.8. Konzert »Musik in alten Heidekirchen«, 17 Uhr
    In der besonderen Atmosphäre des Klostergartens findet ein Open-Air-Konzert mit Anna Carewe (Cello) & Oli Bott (Vibraphon) statt. Mit Cello und Vibraphon auf einer Zeitreise von Alter Musik bis Neuer Musik mit Ausflügen zu Jazz und Improvisationen und Kompositionen von Ortiz, Bach, Vivaldi, Purcell, Satie, Ellington und Piazzolla.
  • 10.9. Tag des offenen Denkmals, 11–18 Uhr, Eintritt und Führungen frei
  • 30.9. »Bossard leuchtet«, 18–21.30 Uhr, 8 €, Führungen kostenfrei
  • 22.10. Literarisch-musikalischer Abend »Frei wie ein Drachen. Carl Spitzweg: Maler zwischen Idyll und Revolte«,
    17 Uhr, 20 €
    Der Kunsthistoriker Dr. Thomas Carstensen entführt in die Welt von Carl Spitzweg und wird dabei von Christian Schulz an der Gitarre begleitet.
  • 16.11. Vortrag »Eine Ahnung kommender Lebenskunst – Lichtwarks Landhauskolonie im Hittfelder Sunder«, 18 Uhr, 10 €
    Der Landschaftsarchitekt Dr.-Ing. Joachim Schnitter analysiert die Ansiedlung von Hamburger Großbürgern zwischen 1902 und 1914 in der Wald- und Heidelandschaft des Hittfelder Raumes, die auf die Initiative des Hamburger Kunsthallendirektors Alfred Lichtwark zurückging
  • 9./10.12. Weihnachtliche Kunststätte »Licht & Punsch«, 16–19 Uhr, 4 €

SONDERAUSSTELLUNGEN

Von kosmisch bis weltlich: Typische Motive von Johann Michael Bossard Neues Atelier

15.1.–11.6.2023

Zahlreiche Motive und Themen beschäftigten Johann Michael Bossard (1874–1950) über sein gesamtes Werk. In steter Adaption und Variation ließ er sie in Gemälden, Grafiken und Plastiken neu entstehen. Auch in seinem Gesamtkunstwerk, der Kunststätte Bossard, sind diese wiederkehrend zu entdecken. Es drängte ihn seine spirituell-religiösen sowie seine sozialutopischen Vorstellungen zu visualisieren.

In der Sonderausstellung werden Werke Bossards gezeigt und mit einander Beziehung gesetzt, die sich im Spektrum von kosmischen bis weltlichen Motiven bewegen. Wie setzte er seine Weltanschauung künstlerisch um? Wo finden sich Kontinuitäten und Revisionen? Bezog sich Bossard auf Vorbilder oder Vorlagen? Wie sind diese Motive und Themen im Zeitkontext interpretierbar? Mit diesen Fragen nähert sich die Sonderausstellung einem wichtigen Komplex in seinem Werk an.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Forschungen zur ambivalenten Geisteshaltung des Künstlerehepaares Bossard und ihrem Verhältnis zum Nationalsozialismus wird ein kritischer Zugang zur Ausein – andersetzung mit den Werken Bossards geschaffen.

Baumkreis (Omega)

14.5.–29.10.2023

Ein »Blinder Fleck« bezeichnet umgangssprachlich die Teile, die von einer Person nicht wahrgenommen werden. Im historischen Kontext sind »blinde Flecken« Zusammenhänge und Hintergründe, die verborgen bleiben.

Für den Baumkreis in der Anlage der Kunststätte Bossard entwickelt der Hamburger Künstler Daniel Wrede (*1979) eine ortsspezifische Installation. Sein skulpturaler »Blinder Fleck« besteht aus gelbleuchtender Gelatine.

Sowohl das Material als auch das Farbpigment erzeugen zahlreiche Assoziationen. Die Wirkung der runden Fläche wird sich im Verlauf der Ausstellungsdauer durch die Witterung verändern.

Wredes Installation ist nicht nur eine Intervention in der gestalteten Gartenanlage der Kunststätte Bossard, sondern auch eine weitere Auseinandersetzung mit den aktuellen Debatten um die Kunststätte und das Künstlerehepaar Bossard aus Sicht der zeitgenössischen Kunst.

»Heideansiedler« – Johann Michael Bossard und Peter Gustav Dorén Neues Atelier

18.6.2023–7.1.2024

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Lüneburger Heide bei Wandernden wegen der abwechslungsreichen Landschaft mit Flüssen, Teichen, Wiesen und bewaldeten Hängen als Naherholungsziel sehr beliebt. Auch der an der Hamburger Kunstgewerbeschule lehrende Johann Michael Bossard begann sich der Hektik und dem Lärm der Großstadt durch Wanderungen in die Natur zu entziehen und erwarb in Folge im Jahr 1911 ein Heidegrundstück bei Jesteburg und errichtete hier sein expressives Gesamtkunstwerk.

Mit dem Bau seines Wohn- und Atelierhauses orientierte er sich an den regionalen Baustilen, die die Heimatschutzbewegung vertrat.

Die Sonderausstellung beleuchtet die Bauten der »Heideansiedler«, die wie Bossard und sein Hamburger Künstlerkollege, der Raumausstatter Peter Gustav Dorén (1857–1942), sich um 1910 in der Nordheide niederließen. Die Verbindungen zwischen Hamburg und der Lüneburger Heide vor dem Ersten Weltkrieg sind der Ausgangspunkt dieser Sonderausstellung.


Bossard: „Völkisch orientiert“ und antisemitische Züge

VorGutachten zur Frage des Verhältnisses von Johann Michael Bossard und Jutta Bossard zum Nationalsozialismus im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, verfasst von PD Dr. Tobias Hof.

Ein im März 2022 vorgestelltes VorGutachten besagt: „Bossards Position war ambivalent. Zu dem Ergebnis kommt zumindest der Historiker Tobias Hof von der Universität München, der drei Monate lang Quellen von und über Bossard ausgewertet hat. Bossards Weltbild war geprägt von einer Vorliebe für die nordische Mythologie. Sie sei zumindest anschlussfähig an die Ideologie der Nationalsozialisten…“ ( NDR, Gutachten vorgestellt )

VorGutachten ansehen

Drei Hektar Schwieriges

Frank Keil für die TAZ, 2022 | Artikel lesen

Johann Michael Bossard baute ab 1911 ein krudes Gesamtkunstwerk samt Hakenkreuz in der Lüneburger Heide. Die Frage ist: Was tun damit?

2023 „soll auf das Vorgutachten das eigentliche Gutachten folgen. Konzentrieren will man sich besonders auf zwei Fragestellungen: „Es geht zum einen um den Blick ins Private des Ehepaars Bossard“, so Duisberg-Schleier ( seit 2020 Leiterin des Hauses ). „Dabei wollen wir besonders die Figur der Jutta Bossard in den Fokus nehmen, die bisher nur am Rande auftaucht.“ Auch weil es noch Zeit­zeu­gen gebe, die sie gekannt haben. „Zum zweiten wollen wir den Künstler in den Kontext zeitgenössischer Künstler stellen; wollen schauen, welche Parallelen, aber auch welche Unterschiede es gibt.“


VIDEO | Reden wir über Bossard: Ateliergespräch mit Dr. Christina Krafczyk

Das Ateliergespräch fand diesmal in kleiner Runde in dem kürzlich wiedereröffneten Kunsttempel statt und profitierte von Frau Dr. Krafczyks Expertise und Erfahrung als Architektin und Denkmalschützerin. Sie bezog Position dafür, historische Anlagen mit schwierigem Kontext nicht zu verändern, sondern das Unbequeme des Ortes zu verankern und zu erklären.


„Johann Bossard war, so geht es aus seinen Schriftwechseln hervor, Antisemit und ein glühender Verehrer Adolf Hitlers. Bossard lehnte die Weimarer Republik ab, weshalb er sein Anwesen ab 1921 zu einem Gesamtkunstwerk ausbaute, das er als Keimzelle der Gegenkultur verstand. In der Machtergreifung der Nazis 1933 sah er den erhofften politischen Wandel, wenig später ließ er ein Hakenkreuz in den Mosaikfußboden seines Wohnhauses legen.“ (Deutsche Welle, Umstrittenes Museum… )

Das Hakenkreuz ist mittlerweile, vermutlich aus formal defensiv juristischen Gründen, ÜBERMALT worden.

Kritik an übermaltem Hakenkreuz

Jüdische Allgemeine, 2022 | Artikel lesen

»Man kann die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, indem man sie versteckt«, heißt es in einem Offenen Brief zum Werk des Künstlers Johann Michael Bossard.

In ihrem offenen Brief an den Stiftungsrat und die Mitarbeitenden der Kunststätte betonen die Verfasser jedoch, das Mosaik gehöre als historische Quelle zum Kunstwerk. Ein Museum müsse sich mit der Geschichte auseinandersetzen und das Werk des Künstlers entsprechend einordnen. Dies gelte es bei einer Neuausrichtung der Kunststätte zu bedenken. »Daher ist es erforderlich, die Tünche vom Hakenkreuz zu entfernen und es in ein geschichtsbewussteres Konzept zu integrieren.«

Zu den Unterzeichnern des Briefes zählen auch Historikerinnen und Historiker wie die Leiterin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Elke Gryglewski, und ihr Vorgänger Jens-Christian Wagner, der mittlerweile Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora ist.


Kunststätte Johann und Jutta Bossard

www.bossard.de

Die Kunststätte Bossard ist ein Museum und expressionistisches Gesamtkunstwerk. Auf einem etwa drei Hektar großen Heidegrundstück zwischen Jesteburg und Lüllau im Norden der Lüneburger Heide erbauten Johann Michael Bossard (1874–1950) und seine Frau Jutta Bossard-Krull (1903–1996) verschiedene Gebäude und eine Gartenanlage. Sie versuchten, die Künste Architektur, Bildhauerei, Malerei, Kunstgewerbe und Gartenkunst zu einem Ganzen verschmelzen zu lassen. Entstanden ist das Ensemble von 1911 bis 1950.

Betreiber:in des 1997 eröffneten Museums ist die Stiftung Kunststätte Johann und Jutta Bossard. Das Grundstück, die Gebäude und Kunstwerke sowie die Archivalien aus dem Nachlass brachte Jutta Bossard-Krull in die 1995 gegründete Stiftung ein.

Öffnungszeiten:

März bis April
Samstag & Sonntag
13–17 Uhr

Mai bis Mitte Oktober
Dienstag bis Sonntag
13–17 Uhr

Das Café hat zusätzlich am Ostermontag, 1. Mai, Pfingstmontag, Himmelfahrtstag sowie am 3. + 31. Oktober geöffnet.

Eintritt: Erwachsene 8 €, unter 18 Jahren frei.

Bossard Lageplan 1200 - Kunststätte Johann und Jutta BOSSARD
Abb.: Lageplan (Stiftung Kunststätte Johann und Jutta Bossard)

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