Neupräsentation von über 80 Werken französischer und deutscher Impressionist:innen.
Pierre Bonnard (1867–1947) Lampionkorso auf der Außenalster, 1913
Öl auf Leinwand, 37,5 x 47,5 cm, © Hamburger Kunsthalle / bpk, Foto: Elke Walford
Mit einer Neupräsentation von über 70 Werken französischer und deutscher Impressionist:innen wirft die Hamburger Kunsthalle 2021/2022 einen frischen Blick auf den Impressionismus und zeigt eine der prägenden Kunstrichtungen der Moderne als ein europäisches Phänomen.
In fünf umgestalteten Sälen der Lichtwark-Galerie werden Gemälde, Plastiken und Pastelle in neuen Konstellationen präsentiert: Hauptwerke von Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt, dem »Dreigestirn des Deutschen Impressionismus«, treffen auf französische Ikonen wie Édouard Manet, Auguste Renoir und Claude Monet. Die Schau spannt auch den Bogen zu Werken von Künstler*innen, die in der Hamburger Kunsthalle seit langem nicht präsentiert wurden.
Dazu zählen Gemälde von Alma del Banco, Paul Baum, Ivo Hauptmann, Maximilien Luce, Henri Martin oder Lesser Ury. Ergänzt wird die Präsentation durch einige Plastiken sowie eine Auswahl an Pastellen – etwa von Edgar Degas, Ludwig von Hofmann, Jean-François Millet und Max Liebermann. Impressionismus.
Deutsch-französische Begegnungen zählt zu einer Reihe von Neueinrichtungen des Sammlungsrundgangs durch acht Jahrhunderte Kunstgeschichte in der Hamburger Kunsthalle, welche die Sammlung unter neuen Fragestellungen und in neuem Licht präsentieren.
Édouard Vuillard (1868–1940) Blick auf die Binnenalster, 1913,
Gouache auf Pappe, 74 x 55,2 cm © Hamburger Kunsthalle/bpk Foto: Elke Walford
Die Neuerzählung zum Impressionismus verdeutlicht anhand pointiert gegenübergestellter Exponate, wie die von Frankreich ausgehenden Impulse in Deutschland aufgegriffen und produktiv weiterverarbeitet wurden: Claude Monets Waterloo-Bridge (1902) erscheint im Dialog mit Lovis Corinths Blick auf den Köhlbrand (1911), Pierre Bonnards Lampionkorso auf der Außenalster (1913) begegnet dem Abend am Uhlenhorster Fährhaus (1910) von Max Liebermann und Édouard Manets Jean-Baptiste Faure in der Oper Hamlet (1875/77) trifft mit Der schwarze d’Andrade (1903) von Max Slevogt zusammen.
»Porträt«, »Landschaft«, »Auftritt und Inszenierung«, »Ansichten der Stadt«, »Stillleben« und »Pastelle«
Die Neupräsentation der Werke des Impressionismus beleuchtet sowohl die Unterschiede zwischen den deutschen und französischen Vertretern als auch deren Gemeinsamkeiten. Dabei gilt es auch zu fragen, mit welchen Themen sich die Maler rechts und links des Rheins beschäftigten, woher ihre wesentlichen Impulse stammten, welche Wechselwirkungen visuell und historisch nachvollziehbar sind.
Lovis Corinth (1858–1925), Mädchen mit Stier, 1902, Öl auf Leinwand, 178 x 248 cm © Hamburger Kunsthalle bpk, Foto Elke Walford
Die Stilrichtung des Impressionismus steht meist synonym für Frankreich: für Künstler wie Édouard Manet, Claude Monet oder Auguste Renoir, für liebliche, helle und farbenfrohe Werke, die oft Szenen im Freien zeigen, oder für eine serielle Auseinandersetzung mit Heuschobern, Kirchenfassaden und Seerosenteichen im Spiel unterschiedlicher Lichtstimmungen zu verschiedenen Tages- oder Jahreszeiten. Dass der Konnex aus ›Impressionismus und Frankreich‹ in dieser Exklusivität nicht greift, zeigt bereits ein flüchtiger Blick auf andere Länder, in denen sich der Impressionismus zwar in zeitlicher Verzögerung, aber durchaus eigenständig entfaltete. In Deutschland zählt u.a. das bekannte und schon zu Lebzeiten so benannte »Dreigestirn« aus Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt zum Impressionismus. Schon zeitgenössische kunstwissenschaftliche Stimmen der Bewegung fassten sie zumindest als europäisches Phänomen auf.
KATALOG | Impressionismus. Deutsch-französische Begegnungen.
Zur Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle 2021/2022Gebundene Ausgabe
200 Seiten
mit 102 farbigen Abb.
Herausgeber: Wienand
Sprache: Deutsch
28,5 cm x 22,0 cmDer reichbebilderte Katalog präsentiert Hauptwerke der Sammlung in neuen Konstellationen, führt in die Kapitel der Präsentation ein und erläutert in Essayform historische Hintergründe.
Büßte der Impressionismus in seinem Geburtsland Frankreich spätestens mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs an Bedeutung ein, reichten in Deutschland, gerade auch im Rahmen von Akademien, impressionistische Strömungen bis weit in die 1920er-Jahre hinein. Gleichzeitig setzten sich mit Fritz Wichert (Kunsthalle Mannheim), Hugo von Tschudi (Nationalgalerie Berlin und Neue Pinakothek München), Gustav Pauli (Kunsthalle Bremen und Hamburger Kunsthalle) sowie Alfred Lichtwark (Hamburger Kunsthalle) führende Museumsdirektoren für diese Malerei ein, die dadurch Eingang in öffentliche Sammlungen fand.
Mit rund 70 Exponaten – Gemälden, Plastiken – nimmt die Ausstellung den bedeutenden Bestand an Werken des Impressionismus in der Hamburger Kunsthalle in den Blick, um diesen in einem größeren globalen Zusammenhang zu zeigen. Vor dem Hintergrund wiedererstarkender Nationalismen stellt sich dabei auch die Frage, ob es heute noch sinnvoll ist, den Impressionismus in nationale Kategorien einzuteilen – und, falls ja, was daraus für unser Denken und Empfinden resultiert.
VIDEO | Ausstellungsfilm der Hamburger Kunsthalle
Die Schau eröffnet aber auch die Perspektive auf die Klassische Moderne und fragt, inwiefern der Impressionismus für die nachfolgende Generation relevant blieb. Max Beckmann, Emil Nolde, die Künstlergemeinschaft »Brücke«, aber auch die Mitglieder der Hamburgischen Sezession durchliefen zumindest in ihren Frühwerken impressionistische Phasen.
Hamburger Kunsthalle
Impressionismus. Deutsch-französische Begegnungen
Sammlungspräsentation bis 01. Januar 2025
ÖFFNUNGSZEITEN
Di, MI, SO 10 – 18 Uhr
Do, 10-21 Uhr
Fr, Sa, 10-20 Uhr
Dem Projekt Impressionismus. Deutsch-französische Begegnungen ist die Neugestaltung des Makart-Saales mit der Präsentation MAKING HISTORY. Hans Makart und die Salonmalerei des 19. Jahrhunderts (seit 1. Oktober 2020) und die Skulpturenpräsentation VON MISCHWESEN. Skulptur in der Moderne (seit 25. April 2021) vorangegangen. In den kommenden Jahren werden auch die Bereiche Kunst der Gegenwart (2022, mit der Präsentation something new, something old, something desired), der Klassischen Moderne (geplant für 2023) und der Alten Meister (geplant für 2024) neu erzählt. Die Sammlung der Hamburger Kunsthalle gehört zu den bedeutendsten Nordeuropas – mit ihren Neuerzählungen zeigt das Museum dem Publikum seine Schätze in neuen Zusammenhängen und aus verschiedenen Perspektiven.