Leben und Werk zweier Expressionisten im Kunsthaus Stade. Mit Thuar wird ein Künstler in den Mittelpunkt gestellt, dessen Werk beinahe in Vergessenheit geraten ist. Viele seiner Bilder wurden bisher nie gezeigt.

Hans Thuar, Begegnung im Park, 1921 © Privatbesitz, Foto: Auktionshaus Lempertz / Sascha Fuis Photographie
Eine ganz besondere Beziehung verbindet Hans Thuar und August Macke seit den gemeinsamen Kindertagen in Köln. Als Thuar bei einem Unfall mit der Straßenbahn im Alter von elf Jahren beide Beine verliert, ist es August Macke, der ihm durch seine Besuche und seinen Humor den Lebenswillen zurückgibt. Von Macke inspiriert, wird auch Thuar Künstler. Einige der Bilder entstehen gemeinsam vor demselben Motiv.
Mit ihren Werken gehören die beiden vor dem Ersten Weltkrieg zu den heftig angefeindeten expressionistischen Modernen. Nach Mackes Tod als Soldat im Ersten Weltkrieg setzt sich die Freundschaft in den Familien fort und gipfelt in der Heirat von Mackes Sohn Wolfgang und Thuars Tochter Gisela.
Die räumliche Trennung, die sich durch Umzug der Familie Macke nach Bonn und später durch Mackes zahlreiche Reisen ergibt, tut der Freundschaft keinen Abbruch – auch nicht die so unterschiedlich ausgeprägten Persönlichkeiten. Beide werden Künstler und gehören mit ihren Werken vor dem Ersten Weltkrieg zu den heftig angefeindeten expressionistischen Modernen.
„Eine starke lebendige Empfindung zu gestalten“ (Macke) – ist das Motto, das sie bei ihren Experimenten antreibt. Damit verbunden ist die Suche nach einer modernen Sprache der Kunst, die den veränderten Bedingungen am Beginn des 20. Jahrhunderts Rechnung trägt. Während Macke auf experimentierfreudige Weise einen Ausdruck für seine Vorstellungen vom irdischen Paradies sucht, spiegelt sich bei Thuar eine existentielle Beziehung zur Natur.

Hans Thuar, Blühende Obstbäume (Endenich), 1911 © Privatbesitz, Foto: Museen Stade / Margot Schmidt
Nach Mackes frühem Tod als Soldat im Ersten Weltkrieg setzt sich der Kontakt mit Mackes Frau, seinen Söhnen und seinem Freundeskreis fort. In den 1920er Jahren malt Thuar großartige hochexpressive, leuchtend farbige, ganz eigenständige Kompositionen, in denen er „seine Seele ausgießen konnte“.
Inflation und Wirtschaftskrise bringen den Künstler und seine fünfköpfige Familie immer wieder an den Rand des Existenzminimums. Kunsthandwerkliche Arbeiten, selbst entwickelte Salben und Cremes, der Betrieb einer Tankstelle und eines Cafés und schließlich die Eröffnung eines Holzladens tragen zum Lebensunterhalt bei. Seine Behinderung macht Thuar oftmals körperlich wie seelisch zu schaffen.

Hans Thuar, Gewitter über dem Dorf, 1943 © Privatbesitz, Foto: Axel Hartmann
Auf der ersten Reise nach 25 Jahren entstehen in Ried in Oberbayern im Haus von Maria Marc, der Witwe von Franz Marc, Werke, in denen die Alpenlandschaft mit abstrahierenden Pinselzügen expressiv aufgeladen wird. Mit der Heirat von Mackes Sohn Wolfgang und Thuars Tochter Gisela wachsen die beiden Künstlerfamilien an Weihnachten 1937 endgültig zusammen.
Ausstellung und Katalog spüren erstmals einer einzigartigen Künstlerfreundschaft nach und stellen mit Thuar einen Künstler in den Mittelpunkt, dessen Werk beinahe in Vergessenheit geraten ist. Viele seiner Bilder wurden bisher nie gezeigt.

Hans Thuar, Rheinische Landschaft (Bahnstrecke), 1912 © Kunstmuseum Bonn, Foto: Reni Hansen
Eine ausdrucksstarke, leuchtend farbige Malweise kennzeichnet ihre moderne Bildsprache. Nach Mackes frühem Tod als Soldat im Ersten Weltkrieg fiel Thuar in eine Depression. Als er 1920 wieder zum Pinsel griff, entwickelte er großartige, hochexpressive Arbeiten – die Höhepunkte seines Schaffens.

Hans Thuar, Haus am Kanal, 1925 © Kunstmuseum Bonn
Kunsthaus Stade
HANS THUAR & AUGUST MACKE.
Ziemlich beste Freunde
Ausstellung: 04. Februar bis 29. Mai 2023
Kuratorin: Dr. Ina Ewers-Schultz
Öffnungszeiten
Di, Do, Fr 10–17 Uhr
Mi 10 – 19 Uhr
Sa und So 10–18 Uhr
Eintrittspreis
Museen Stade Ticket
Tages-Ticket 9 €