Ausgegraben. Harburg archäologisch | Neue Erkenntnisse zur Harburger Siedlungsgeschichte

Harburger-Schloss_Festung-Harburg-1654-Elbe
Festung Harburg 1654 (Conrad Buno/Caspar Merian). 
Copyright: Archäologisches Museum Hamburg
Eine Festungsanlage nach niederländischem Muster.

Im Rahmen der aktuellen Stadtplanung „Wohnviertel Schlossinsel“ ergab sich für die Archäologen die einmalige Gelegenheit, historisch bedeutsames Gelände zu erforschen. Das Archäologische Museum Hamburg führte seit dem Frühjahr 2012 bis Ende August 2014 umfangreiche Ausgrabungen auf der Harburger Schlossinsel und im Bereich der Harburger Schlossstraße durch. 


Auf dem 11.450 m² großen Baugebiet am Kaufhauskanal fand eine der bisher größten  Stadtkerngrabungen Hamburgs statt und gehört zu den größten archäologischen Grabungsprojekten dieser Art in Deutschland. Schon in den 1960er Jahren wurden auf der Schlossinsel erste Sondagen durchgeführt. Große Flächen sind aber bis heute unberührt. Der Kernbau des Harburger Schlosses wurde 1988 als Baudenkmal unter Schutz gestellt.

Die Ausgrabung brachte eine Fülle von neuen Erkenntnissen zur Harburger Siedlungsgeschichte.

Die große Bandbreite der archäologischen Spuren und die Anzahl und Qualität der einzelnen Funde übertrafen unsere Erwartungen und belegen die hohe Bedeutung, die der Stadt seit hunderten von Jahren nicht nur als Siedlungsgebiet, sondern auch als Verkehrsknotenpunkt zukam.

Prof. Dr. Rainer-Maria Weiss, Direktor des Archäologischen Museums und Landesarchäologe von Hamburg.

Es wurden neue Einblicke zum Hausbau, zum Werftbetrieb, zu Handel und Handwerk sowie zahlreichen anderen Bereichen des täglichen Lebens gewonnen.

Harburger Stadtansicht - Daniel Freese - 1577
Harburger Stadtansicht von Daniel Freese aus dem Jahr 1577 
Copyright: Archäologisches Museum Hamburg

Die Entstehung und Geschichte der Stadt Harburg ist eng mit der Horeburg verbunden, die als Grenzfestung inmitten der sumpfigen Elbniederung in der Zeit um 1000 gegründet wurde. Die älteste erhaltene Stadtansicht von Daniel Freese aus dem Jahr 1577 veranschaulicht deutlich den Einstraßencharakter der Dammsiedlung mit ihren Fachwerkhäusern.

Archäologische Grabungen „Schlossinsel“

Das Harburger Schloss

Das Gebiet um das Harburger Schloss birgt ein für Hamburg einzigartiges Bodendenkmalensemble. Hier begann vor über 1.000 Jahren die Entwicklung Harburgs von der Burg zur Stadt. Hier lag das historische Harburg, hier befanden sich das erste Rathaus und der älteste Hafen. Die Entwicklung des heute im Harburger Binnenhafengebiet gelegenen mittelalterlichen Stadtkerns entlang der Schlossstraße stellt zudem eine siedlungstopografische Besonderheit dar: Der Straßenverlauf hat sich über 800 Jahre nicht verändert – beste Voraussetzungen für die Archäologen, die frühe Siedlungsgeschichte Harburgs zu erforschen.

Es geht nicht nur um die Rekonstruktion der Vergangenheit, sondern auch darum, alte aufgeschriebene Aussagen zur Harburger Geschichte auf ihre Stimmigkeit hin zu überprüfen.“

Prof. Dr. Rainer-Maria Weiss, Direktor des Archäologischen Museums und Landesarchäologe von Hamburg

Eine Reise durch die Schichten: Was haben die Archäologen gefunden?

Im Laufe der Jahrhunderte haben sich in dem Gebiet rund um die Harburger Schlossstraße viele Bauschichten übereinander abgelagert. Diese Schichten erzählen von den Anfängen Harburgs als Grenzfestung und dem späteren Herrschaftssitz der Harburger Herzöge, von dem Militärwesen des 17. und 18. Jahrhunderts und der späteren Industrialisierung.

Das bis zu vier Meter mächtige Lagenpaket haben die Archäologen nun vorsichtig abgetragen, Meter für Meter bis ins 12. Jahrhundert. Ziel ist es, Licht ins Dunkel der Gründungszeit der sogenannten Horeburg, der „Burg im Sumpf“, zu bringen und Neues über die Bedeutung Harburgs als früher Handelsplatz zu erfahren. Aus alten Quellen ist bekannt, dass sich entlang der mit Holzbohlen befestigten Schlossstraße schon früh Handwerker, Bauern und Markthändler ansiedelten. Links und rechts der Straße bauten sie ihre Häuser – im Laufe der Jahrhunderte in vielen Schichten übereinander. Aus der Zeit vor 1600 liegen allerdings nur wenige archivalische Quellen vor, so dass die bevorstehenden Ausgrabungen für die Archäologen auch aus diesem Grund von besonderem Interesse sind.

Moderne Technik im Einsatz

Mit moderner Grabungstechnik legten die Wissenschaftler des Archäologischen Museums in vier Grabungsabschnitten die Überreste des mittelalterlichen Harburg frei. Der Aushub von mehr als 6.000 Kubikmetern Erdboden musste vorsichtig und von Hand erfolgen. Aufgrund des ganzjährigen Einsatzes mussten alle Grabungsstellen überzeltet werden. Die Dokumentation erfolgte ausschließlich digital über die Erfassung der Befunde durch elektrooptische Vermessungssysteme und die Überführung in Datenbanken. Insgesamt wurden etwa 13.000 Einzelbefunde erfasst und in mehr als 450 Plänen dokumentiert. Mit seinem Areal an der Harburger Schloßstraße zählt Harburg mittlerweile zu einer der am besten ergrabenen mittelalterlichen Städte Deutschlands.

Zum Abschluss der Grabung führte das Museum sogar eine unterwasserarchäologische Untersuchung im Lotsekanal durch, der ganz in der Nähe der Harburger Schloßstraße verläuft. Ziel der Untersuchung war die Auffindung der mittelalterlichen und neuzeitlichen Brückentrassen, die früher einmal die Harburger Schloßstraße mit der Harburger Schlossinsel verbunden haben. Es handelte sich dabei um die erste unterwasserarchäologische Untersuchung in Hamburg. In etwa sechs Metern Tiefe wurden die Archäologen dann bei ihrem Tauchgang fündig: Sie stießen auf ein 1,30 Meter langes Konstruktionsteil aus Eichenholz, das vermutlich ein Bauteil der früheren Brücke war.


VIDEOAusstellungsfilm


Mit dem Abspielen des Videos akzeptieren Sie unsere Datenschutzerklärung.

Neue Spuren auf der Suche nach Harburgs Geschichte

In einer Ausstellung wurden die neuesten Forschungen zur Siedlungsentwicklung, Wirtschaftsweise und zum täglichen Leben der damaligen Harburger präsentiert.

Über 13.000 archäologische Fundstücke konnten die Archäologen bisher bergen, und der Boden unweit der früheren Harburger Festung hält für die Archäologen immer wieder neue Überraschungen bereit. Eine besondere Herausforderung stellt die Tiefe der Ausgrabungen dar: Die Wissenschaftler des Archäologischen Museums Hamburg müssen sich bis zu 4,50 m unter das heutige Straßenniveau vorarbeiten.

Besonders begeistert sind sie von der außergewöhnlich guten Erhaltung der Funde. Der feuchte Boden im Niederungsbereich der Elbe konservierte die bis zu 800 Jahre alten Fundstücke ungewöhnlich gut.

„Harburg ist mittlerweile eine der am besten ergrabenen mittelalterlichen Städte Deutschlands.

Prof. Dr. Rainer-Maria Weiss, Direktor des Archäologischen Museums und Landesarchäologe von Hamburg

Die untersuchten Schichten der archäologischen Ausgrabung erzählen von den Anfängen Harburgs als Grenzfestung und dem späteren Herrschaftssitz der Harburger Herzöge, vom Militärwesen des 17. und 18. Jahrhunderts und von der Industrialisierung. Fundobjekte, die mit großem Aufwand restauriert wurden, werden jetzt erstmals im Rahmen der Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert.

Insgesamt hat die Grabung entscheidende neue Ergebnisse hinsichtlich der historischen Entwicklung der Stadt erbracht. Hierzu zählen vor allem die Lokalisierung des Marktplatzes sowie des Hafens. Durch die archäologischen Funde konnte die Anwesenheit verschiedener Handwerksberufe wie Goldschmied, Schuster, Bäcker und Schiffbauer auf dem Areal nachgewiesen werden. Zahlreiche Importfunde, Keramik aus Spanien und den Niederlanden belegen weitreichende Handelsbeziehungen. So konnte zum Beispiel aus einer Kloake des 17. und 18. Jahrhunderts ein vollständiges Service hochwertigen Tafelgeschirrs geborgen werden.

Die bewegte militärische Geschichte Harburgs spiegelt sich insbesondere in den großen Mengen an Waffen wider: Armbrustbolzen, Pfeilspitzen, Äxte, Speere, Lanzen, Gewehr- und Pistolenkugeln, Musketengabeln und Artelleriegeschosse waren in den verschiedenen Schichten auffällig häufig vertreten. Aber auch Gegenstände des täglichen Lebens kamen zum Vorschein: Eine hölzerne Schalmei, Tonpfeifen und Pilgerzeichen sind Spuren der Harburger Geschichte.

Die Funde spiegeln das ganz alltägliche Leben wider: Neben Teilen von Kleidungsstücken und Pflegeutensilien fand sich auch Kinderspielzeug. Eine hölzerne Schalmei, Tabakpfeifen und Pilgerzeichen sind weitere Spuren der Harburger Geschichte. Die Archäologen konnten nachweisen, dass entlang der Harburger Schloßstraße verschiedene Handwerksberufe wie Feinschmiede, Schneider und Bäcker angesiedelt waren. In allen Siedlungsschichten des 13. bis 16. Jahrhunderts kamen zudem eiserne Kalfatklammern zum Vorschein, die beim Bootsbau Verwendung fanden. Sie belegen die Existenz eines Werftbetriebes innerhalb der Stadt. Außerdem gelang es den Archäologen, den Hafen sowie den ältesten Marktplatz zu lokalisieren. Sie konnten anhand der Ausgrabungsbefunde die drei großen Stadtbrände der Jahre 1396, 1536 und 1564 archäologisch nachweisen. Die nahezu vollständige Zerstörung der Stadt im Jahr 1536 wurde vom ersten Harburger Herzog Otto zu einer Neuordnung der Besitzverhältnisse genutzt. Diese veränderte Aufteilung der Parzellen lässt sich an den Grabungsergebnissen ebenfalls ablesen.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

Die frühen Harburger lebten auf Wurten

Seit den ersten Ausgrabungen in der Harburger Schlossstraße wurde davon ausgegangen, dass die Stadt spätestens ab dem 13. Jh. als zum Schloss gehörige Straßensiedlung entlang des Wegedamms auf Wurten angelegt wurde. Im Grabungsfeld 1 in der Harburger Schlossstraße 25-27 gelang es zum ersten Mal, innerhalb einer Ausgrabung mehrere Grundstücke zu erfassen.

Zu den wesentlichen Ergebnissen gehört dabei der Nachweis von wurtenartigen Aufschüttungen, die in den Basisbereichen der Siedlungsschichten dokumentiert werden konnten. Das ursprüngliche Gelände war im Mittelalter mit sandigen und torfigen Materialien um mindesten 80 cm aufgehöht worden, um die darauf errichteten Häuser vor dem bis in die Elbniederung hineinreichenden Tidenhub zu schützen.

Eine Reise durch die Schichten: Harburg wurde immer wieder durch Brände zerstört

Zu den wichtigsten Fixpunkten einer Stadthistorie zählen Zerstörungsereignisse. Für Harburg sind drei großflächige Brände mit einer nahezu vollständigen Zerstörung der Stadt überliefert. Während im Jahr 1396 die Stadt bei Kampfhandlungen niedergebrannt wurde, wurden die kurz aufeinanderfolgenden Stadtbrände von 1536 und 1564 wahrscheinlich zufällig ausgelöst. 1536 brannte die Stadt bis auf neun Häuser, 1564 bis etwa zur Hälfte der Schlossstraße ab.

Die chronologische Fixierung dieser Brandschichten innerhalb der Ausgrabung gelang durch einen archäologischen Glücksfall. Aus der obersten Brandschicht, die eine Mächtigkeit von bis zu 30 cm aufwies, konnte ein Nürnberger Rechenpfennig mit dem eingeprägten Jahr 1555 geborgen und somit die entsprechende Schicht mit dem Feuerereignis von 1564 in Verbindung gebracht werden.

Parzellierung der Grundstücke an der Harburger Schlossstraße

Die nahezu vollständige Zerstörung der Stadt im Jahr 1536 wurde offensichtlich zu einer Neuordnung der Parzellen und Grundstücke genutzt. Vom 13. bis ins 16. Jh. wurde im Bereich des Grabungsfeldes ein einzelnes, immer wieder neu errichtetes und erweitertes Gebäude mit fünf Bauphasen und zugehörigen Graben- und Wegeverläufen entdeckt. Nach 1536 wurde das Areal in vier Parzellen von jeweils 4,20 bis 4,50 m Breite aufgeteilt und bebaut. Eine solche Neuordnung der Besitzverhältnisse konnte nur unter dem Einfluss des neuen Landesherren Herzog Otto zu Braunschweig und Lüneburg zustande kommen, der seit 1527 im Harburger Schloss residierte und sowohl die Stadt als auch das Schloss stetig ausbauen ließ.

Postkarte Harburger Schloßstraße von 1911
Auf dieser Postkarte, abgestempelt am 10.3.1911, ist die Harburger Schloßstraße zu sehen. Es handelt sich um eine nachkolorierte Postkarte aus dem preußischen Harburg. Der Blick geht in Richtung Norden, zum Kanalplatz. Vorn links ist die alte Schlossmühle zu sehen, hinten rechts, mit einem Dachreiter versehen, das alte Rathaus, in welchem sich die älteste Gastwirtschaft Harburgs, „Der Ratskeller“ befand. Copyright: Archäologisches Museum Hamburg

Wirtschaftliche Blütezeit der Harburger Schlossstraße

Mit dem Aufstieg der Stadt während der Herrschaft der Harburger Herzöge ging auch ein gewisser Wohlstand einher. Im archäologischen Fundgut macht sich dies durch zahlreiche Importfunde aus dem südlichen Niedersachsen und nördlichen Hessen, dem Rheinland sowie aus den Niederlanden bemerkbar. Funde von reich verzierten Ofenkacheln und Teile von bemalten Fensterscheiben belegen den Reichtum der ansässigen Bürgerschicht. Daneben fallen vor allem zahlreiche Waffenfunde ins Auge, die möglicherweise vor Ort produziert worden sind, um den Bedarf der Festung zu decken.

Das Gasthaus „Zum Weißen Schwan“ (1819 bis 1965)

MEHR INFOS

Wirtshausarchäologie: Das Archäologische Museum Hamburg führt seit Juli 2023 im Bereich der Harburger Schloßstraße eine Ausgrabung auf einem historisch besonders bedeutsamen Areal durch. Im 18. Jahrhundert stand an der Ecke Kanalplatz/Harburger Schloßstraße einst das stattliche Gasthaus „Zum Weißen Schwan“. Noch bis April 2024 wird hier eine Fläche von 600 Quadratmetern untersucht.

Das Grabungsareal entlang der nördlichen Harburger Schloßstraße stellt eine siedlungstopografische Besonderheit dar: Der Straßenverlauf hat sich über 800 Jahre nicht verändert – beste Voraussetzungen die frühe Siedlungsgeschichte Harburgs an dieser Stelle zu erforschen.

Der Gasthof hatte eine wechselhafte Geschichte und ist insbesondere für zwei bedeutsame Ereignisse bekannt: 1819 war dort die Leiche des Herzogs von Braunschweig aufgebahrt, und 1846 logierte König Ernst August von Hannover in diesem Haus. Der Gasthof bot einst aber noch eine weitere Besonderheit: Nach der Entdeckung einer Schwefelquelle im Jahr 1821 richtete man dort eine Badeanstalt ein, die mindestens bis 1851 existierte. Mit dem Bau der Elbbrücken (1872) verlor das Hotel- und Gaststättengewerbe in der Harburger Schloßstraße – und mit ihm auch der Weiße Schwan – allerdings an Bedeutung.

Zum Alten Schwan Harburg 1 1200 - Ausgegraben. Harburg archäologisch | Neue Erkenntnisse zur Harburger Siedlungsgeschichte
Links vorn: Das Gasthaus zum weißen Schwan. Auf dieser Abbildung um 1850 ist die Harburger Schloßstraße zu sehen. Der Blick geht vom Kanalplatz in Richtung Süden. Copyright: Archäologisches Museum Hamburg

Zu den wesentlichen Ergebnissen der aktuellen Grabung gehört der Nachweis von verschiedenen aufeinanderfolgenden Bauphasen, die nun erstmals einen Einblick in die Bebauung des Areals vor der Errichtung des uns bekannten Gasthauses ermöglichen. Bei ihren Recherchen im Vorfeld waren die Archäologinnen und Archäologen in historischen Quellen auf Informationen gestoßen, wonach an dieser Stelle schon früher ein Wirtshaus gestanden haben muss: Bei einer Volkszählung im Jahr 1725 wurde ein gewisser Eberhardt Rönneborg als „Krüger“ – also Gastwirt – angegeben. Tatsächlich bestätigte sich dieser Hinweis bei den Grabungsarbeiten: Im Abraum konnte eine große Menge an Funden von Speise- und Trinkgeschirr festgestellt werden, das vermutlich aus dem Gasthaus stammte. Im weiteren Verlauf stießen die Archäologinnen und Archäologen dann auf die Fundamente des Vorgängerbaus des „Weißen Schwans“, der in den Jahren zwischen 1695 und 1709 errichtet worden sein muss. Die Datierung gelang dabei durch einen archäologischen Glücksfall: Im Bereich der massiven Feldsteinfundamente des Gebäudes fanden sich eine Silbermünze des dänischen Königs Christian V. von 1695 sowie Keramik, vor allem friesische Fayence aus derselben Zeit. Hervorzuheben ist hier besonders ein Fund: Das Fragment eines sogenannten Koppchens, einer henkellosen Tasse aus chinesischem Imari-Porzellan, das in die Kangxi-Ära datiert (1661-1722). Es belegt die weitreichenden Handelsbeziehungen der Stadt, aber auch den Reichtum der hier ansässigen Bürger.

Schiffbau und Werftbetrieb

Zu den neuen Erkenntnissen gehört auch der Nachweis des Schiffbaus in Harburg. In allen Siedlungsschichten des 13. bis zum 16. Jh. fanden sich sogenannte Sinteln. Diese krampenartigen Eisenobjekte wurden zum Kalfatern von Schiffsplanken verwendet. In der maritimen Archäologie werden diese Funde zumeist mit dem Bau der hansischen Koggen in Verbindung gebracht. Zu diesen Kleinfunden passend wurden in verschiedenen Schichten Schiffsteile aus Holz geborgen, die für Reparaturmaßnahmen an Gebäuden oder andere geringwertigere Holzarbeiten verwendet wurden. Diese sekundäre Verwendung von Schiffsteilen ist aus vielen mittelalterlichen und neuzeitlichen Ausgrabungen bekannt. Das Holz abgewrackter Schiffe war billig und stellte trotzdem Material allererster Qualität dar. Im Fall von Harburg weisen diese Funde zusammen mit den Funden von Kalfatklammern (Klammern zur Befestigung des Stopfwerks zwischen den Bordplanken) zusätzlich auf die Existenz eines Werftbetriebes innerhalb der Stadt hin.

Markthalle und Reeperbahn

Passend zu diesen Erkenntnissen wurde im Bereich des zweiten Grabungsfeldes ein 4,10 m breiter und mindestens 26 m langer Pfostenbau erfasst, der nach dem momentanen Stand der Ausgrabungen als Reeperbahn zur Herstellung von Tauen und Seilen gedeutet wird.

1288 wird erstmalig ein Markt für Harburg erwähnt, 1529 wird unter herzöglicher Führung ein Wochenmarkt eingerichtet. Die Lage dieses Marktes war bisher unbekannt. Die durch die Ausgrabung gewonnen Erkenntnisse legen nahe, dass der erste Harburger Markt vom 13. bis in das 17. Jahrhundert im Bereich der Grabungsfläche lokalisiert werden kann. Zahlreiche Funde von hochwertigem Trinkgeschirr lassen vermuten, dass sie entweder auf dem Markt verhandelt wurden oder es am Markt eine Marktschänke gegeben haben könnte. Die Lokalisierung der Marktfläche liefert einen wichtigen, bisher unbekannten Aspekt zur Harburger Stadtgeschichte.


Artikel weiterempfehlen | SOCIAL MEDIA anonym durch Einsatz des c't-Projektes Shariff

Harburger Kultur | Artikel-Tipps